Schönes Bauen kann so einfach sein … Teil 2
Häufig wird vergessen, dass die 20er Jahre nicht nur durch das Neue Bauen und den Expressionismus geprägt wurden – sehr viel weiter verbreitet war die sog. KONSERVATIVE MODERNE. Auch unser Haus – es ist natürlich nicht in den 20er Jahren erbaut – ist eben im Stil dieser sog. konservativen Moderne erbaut – die „Konservative Moderne“ ist aus meiner Sicht so viel besser als das BauHaus und viel viel besser als der Funktionalismus. Wie das Neue Bauen und der Expressionismus war auch die „Konservative Moderne“ eine Reaktion auf die Architektur des Historismus der Gründerzeit – also der Bauten, die nach 1871 in Deutschland erstellt wurden. Architekten der „Konservativen Moderne“ versuchten den Historismus mit traditionellen Bauformen und Materialien zu überwinden und so knüpfte diese nahtlos an Reformarchitektur und Heimatschutzbewegung der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg an, wobei sie sich auf dieselben Vorbilder bezogen: Goethes Gartenhaus in Weimar, die Architektur „um 1800“ und Camillo Sittes Vorliebe für unregelmäßige Platzanlagen und gekurvte Straßenzüge.
Kastenfenster mit Fensterklappen, Satteldächer, geschlämmte Backsteinwände und Rosenspaliere sind typisch für diese Baurichtung. Im Gegensatz zur Reformarchitektur , in der noch die hochrechteckige Fensterformate dominierten, etablierte sich in der Konservativen Moderne verstärkt querrechteckige und erste quadratische Formate – bei unseren Haus ist das etwas anders, da wir stark vom New-England-Style beeinflusst sind und daher die Fenster eher höher geschnitten sind. Meist kamen in der „Konservativen Moderne“ Holzrahmenfenster zur Anwendung; Mittelkreuzstockfenster waren üblich – in allen Ausprägungen – hochrechteckig, querrechteckig, quadratisch oder mit Segmentbogen. Und genau solche Fenster sind schön – und hier kann man sich über Geschmack echt nicht streiten – schöne Fenster sieht man und Fenster sind das Auge eines Hauses – daher her mit den schönen „alten“ Fensterformen aus den 20er Jahren …
Schön waren damals und sind es auch heute die zwei- und dreiachsigen Kreuzstockfenster sowie Zwei- und Mehrflügelfenster oder Galgenfenster. Es gibt so schöne Fensterformen und es ist fast schon erbärmlich zu nennen, dass man solche Fenster in neugebauten Häuser heute häufig selten findet – natürlich sind diese viel teuerer – aber natürlich auch schöner! Wie in der Reformarchitektur konnten damals unterschiedliche Fensterformen an einer Fassade in freier Setzung vorkommen.
Da die Grenzen zur Reformarchitektur fließend sind, ist die Konservative Moderne nicht so einfach zu bestimmen – das wichtigste Charakteristikum sind querrechteckige Sprossen, die eindeutig in die 20er Jahre gehören und die quadratischen und querrechteckigen Fensterformate – bei unserem Haus ist das etwas anders, da wir Double-Hung-Windows haben – aber auch diese gehören zur „Konservativen Moderne“ – nur eben zur amerikanisch geprägten Moderne dieser Zeit. In der Konservativen Moderne kamen auch ähnliche Materialien wie in der Reformarchitektur zur Anwendung – beliebt waren geschlämmte Backsteinwände – ähnlich wie nicht heute in den USA – aber auch verputzte Wände, wer mehr Geld hatte griff zu Bruchsteinmauerwerk, Sichtklinker oder Holzverkleidungen. Die undekorierten Wände wurden mit Fensterklappen, Pergolen (Porches), Rosenspalieren und tiefgezogenen Dächern oder Vordächern belebt.